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Die Geheimnisse des Wetters

Regnet es am Wochenende tatsächlich häufiger als an Werktagen? Warum schüttet es mitunter am Stadtrand wie aus Eimern, während im Zentrum kein Tröpfchen fällt? Über das launische Wetter kursieren nicht nur allerlei skurrile Theorien, es wurde auch schon viel Geld für Studien ausgegeben, um die Ursachen für die vermeintlich ungleiche Verteilung von Niederschlägen herauszufinden.

„Vergeblich“, sagt der Essener Wissenschaftler Wilhelm Kuttler. Denn sämtliche bisher in dieser Richtung veröffentlichten Untersuchungen hätten alle eins gemeinsam: „Sie sind wissenschaftlich nicht vernünftig abgesichert.“ Das gelte auch für eine jüngst vom Bonner meteorologischen Dienst Donnerwetter.de erstellte Statistik.

„Wir haben an über 400 Wochentagen die Niederschläge an verschiedenen Wetterstationen in Deutschland untersucht. Das Ergebnis: Der regnerischste Tag mit den höchsten Regenmengen ist der Donnerstag, gefolgt von Freitag, Sonntag und Sonnabend. Der Tag mit der geringsten durchschnittlichen Regenmenge ist der Montag“, sagt Karsten Brandt von Donnerwetter.de.

Als Ursache verdächtigt werden der Autoverkehr und die Industrie, die mit ihren Emissionen unter der Woche Kondensationsprodukte freisetzen, welche wiederum für mehr Niederschläge sorgen. Soweit die Theorie. Aber: „So einfach geht das nicht“, widerspricht Forscher Kuttler. Der Direktor des Instituts für Geographie an der Universität Duisburg-Essen hält die Ergebnisse nicht für aussagekräftig: Man brauche wesentlich längere Zeiträume und eine entsprechend große Zahl an Messpunkten. Eine Handvoll Stationen „in der Hoffnung, dass die Wolken jeweils genau dort abregnen“, reiche nicht.

„Der Niederschlag ist wesentlich schwieriger zu messen als beispielsweise die Temperatur“, sagt Kuttler. In der Wissenschaft gilt er als „diskontinuierliches Klimaelement“. Einfacher ausgedrückt: „Er ist mal da und mal nicht.“

Die Theorie geht davon aus, dass die Stadt als geografischer Raum Niederschläge begünstigt, weil erstens ihre in die Höhe aufragenden Bauten für veränderte Luftströmungen sorgen. Zweitens sind Gebäude ab einer bestimmten Größe ein Steigungshindernis für Wolken, drittens strahlen sie mehr Wärme in die Atmosphäre ab als der Erdboden und schließlich bilden die von Verkehr und Industrie ausgehenden Luftverunreinigungen so genannte Aerosole, die als Kondensationskerne höhere Niederschläge ebenfalls begünstigen. Allerdings: „Diese Kondensationskerne wirken nur dann niederschlagsverstärkend, wenn sie eine bestimmte Mindestgröße haben.“ „In einigen Städten sind die Aerosole im Durchschnitt deutlich kleiner als in anderen“, so der Essener Experte. Wenn der Durchmesser kleiner sei, werde zusätzlicher Niederschlag sogar verhindert.

Am deutlichsten zeige sich die äußerst begrenzte Aussagefähigkeit solcher Messprojekte an den Resultaten einer satellitengestützten globalen Messstudie, mit welcher der Niederschlagseffekt durch die Kfz-Abgase von Berufspendlern untersucht werden sollte. „14 Jahre lang wurde dafür auf der Nordhalbkugel die durchschnittliche Tagestemperatur nach Wochentagen gemessen“, so Kuttler. Die Annahme war: In christlich geprägten Ländern wird von Montag bis Freitag zur Arbeit gependelt. Daher müsste der Mittwoch statistisch der durchschnittlich wärmste Tag der Woche sein. „Das war er dann zwar auch. Aber die Differenz war mit gerade 0,01 Grad Celsius höherer Temperatur so gering, dass dies unmöglich einen niederschlagsrelevanten Effekt haben kann“, erklärte er. Vielleicht lag es ja auch an dem statistischen Einfluss der muslimischen Länder. Denn dort ist der Freitag schließlich arbeitsfrei. Was die ohnehin aufwändigen Messungen der Forscher zusätzlich erschwerte.